Als Wanderziel
Ausgehend vom Naturfreundehaus - mit Parkmöglichkeit - geht man nur eine kurze Strecke auf einem der Lehrpfade und dem Main-Donau-Weg zum Bismarckturm. Auch der Rundwanderweg "Wülzburgweg" mit der Markierung "2" sowie der Weißenburger Premiumweg "13" führen hier direkt vorbei. In ca. 45 - 60 Minuten ist der Bismarckturm von Weißenburg aus zu Fuß erreichbar.
Auch Wanderer des Frankenwegs sollten diesen herrlichen Aussichtspunkt nicht verpassen, bevor sie den Rohrberg hinab und weiter zum nächsten Etappenpunkt, der Wülzburg, gehen.
Die Geschichte des Bismarckturms
Aufruf und Wettbewerb zur "Bismarcksäule"
Ausgangspunkt bilden die Anregungen und Aufrufe der deutschen Studentenschaft 1898/99. Die deutsche Studentenschaft verfasste mehrere Aufrufe, in denen sie die Ausführung von "Bismarcksäulen" und einen zugehörigen Wettbewerb anregte.
In einer undatierten, "An das Deutsche Volk" gerichtete Proklamation wird allgemein über das Denkmalprojekt informiert und zu dessen finanzieller und tatkräftiger Unterstützung zunächst an allen deutschen Hochschulorten aufgerufen. Nach dieser Schrift fühlte sich die "academische Jugend aller Universitäten und Hochschulen Deutschlands" dazu berufen, eine würdige Form des Andenkens an Bismarck zu initiieren. Es sollte hierbei nicht ein "einzelnes Monument von blendender Pracht" entstehen. Vielmehr wurde ausgehend von historischen Annahmen die Idee entwickelt, auf "allen Höhen unserer Heimat, wo der Blick über die herrlichen deutsche Lande schweift, granitene Feuerträger zu errichten". Als "Sinnbild der Einheit Deutschlands", die durch Bismarck erreicht wurde, müsste überall das gleiche Bauwerk errichtet werden. Nur ein Wappen und ein Sinnspruch, jedoch kein Namenszug, solle am Denkmal auf Bismarck hinweisen. Dennoch hofften die Studenten, dass bei Gelingen ihres Projektes jedes Kind das Bauwerk als "Bismarcksäule" erkennen könne.
Neben den in dieser Schrift im Stil der Zeit formulierten Erwartungen an das Denkmalsprojekt finden sich im Januar 1899 datierten Aufruf konkrete Vorgaben über den Wettbewerb zur "Bismarcksäule". So wurde dieser "unter allen deutschen Künstlern eröffnet", als Termin zur Eingabe der Entwürfe wurde der 1. April genannt. Die Wettbewerbsbeiträge sollten folgende Bedingungen erfüllen: "Einfache und würdige Form, Ausführbarkeit in beliebigen Größen, möglichst billige Herstellbarkeit, bestes und unvergängliches Material."
"Götterdämmerung"
Beim Wettbewerb gingen 317 Entwürfe ein (mehrere Einsendungen eines Künstlers waren möglich), 30 davon kamen in die engere Auswahl. Von diesen erhielten zehn eine Auszeichnung. Sieger des Wettbewerbs wurde Wilhelm Kreis, der dabei gleichzeitig mit seinen "Woutan", "Eroika" und "Götterdämmerung" benannten Entwürfen die ersten drei Plätze belegte.
Trotz mehrfachen Wandlungen im Laufe seines Wirkens und seiner Architektursprache kann als Konstante im Schaffen von Wilhelm Kreis der sichere und gefühlvolle Umgang mit Baukörpern, die auf ihre kubischen und monumentalen Qualitäten konzentriert sind, angesehen werden. Ein charakteristisches Beispiel hierfür stellt nicht zuletzt der preisgekrönte Entwurf "Götterdämmerung" dar.
Bauweise der "Götterdämmerung" - für Architekturfreunde
Auf einem abgestuften Sockel sitzt das Turmhauptgeschoss. Dessen über quadratischem Grundriss erstellter Turmkern tritt kaum in Erscheinung, da er an den Kanten von vier monumentalen, säulenartigen Zylindern eingefaßt wird. Auf dem Turmkern setzen zwei weitausragende, gegenläufig im Profil gekurvte Steinlagen auf, in denen gleichzeitig die Eckzylinder enden.
Dieser profiliert vorspringende Bereich wirkt wie ein überproportioniertes Würfel- oder Korbkapitell. Doch fehlt diesem im strengen Sinn das tragende Teil, in der Architekturtradition käme hierfür nur eine Säule oder ein Pfeiler in Frage. Der Turmkern kann kaum als Pfeiler gelten; auch wäre es äußerst ungewöhnlich, die vier Eckzylinder als Säulen gedeutet nur mit einem einzigen Kapitell zu versehen. Auf dieser kapitellartigen Großform sitzt als mehrfach abgetreppter Turmabschluß die Umgangsgalerie mit der Feuerstelle auf. Anschaulich wirkt der Turmabschluß wie ein klotziger, über zwei Stufen errichteter Blockaltar. Sakral-christliche Bezüge können hier jedoch kaum zugrunde gelegt werden, wenn auf diesem "Altar" den Vorstellungen der Studentenschaft entsprechend "Feueropfer" für Bismarck dargebrachte werden sollen.
Die verschiedenen Bestandteile, aus denen der Turm kombiniert wird, erinnern somit nur ansatzweise an Grundelemente der abendländischen Architekturtradition. Sie sind jedoch, wie für die säulenartigen Zylinder, das "Kapitell" oder den "Altar" beschrieben, ihrer eigentlichen architektonischen Verwendung und deren tradierten Sinn beraubt.
Unter Vernachlässigung des optisch kaum wirksamen Turmkerns kann die Kombination aus den vier Eckzylindern mit dem oberen, waagrecht verbindenden Abschluß des "Kapitells" für sich genommen mit einem Baldachin verglichen werden, womit noch ein weiteres architektonisches Motiv gegeben wäre. Doch während ein Baldachin in der Tradition dazu genutzt wurde, symbolisch den Himmel nicht zuletzt über einem Altar zu inszenieren - erinnert sie hier an Balthasar Neumanns Gnadenaltar in Vierzehnheiligen -, ist dieses Verhältnis beim Bismarckturm genau auf den Kopf gestellt, indem der "Feueraltar" auf dem Baldachin aufsitzt. Zwanglos bedient sich Kreis somit verschiedener, zum Teil architektursymbolisch bestimmbarer Architekturformen und kombiniert diese zu einem Gesamtgemenge, das die Bedeutung der Einzelformen aufhebt, umdeutet oder übersteigert und dadurch insgesamt dem Denkmal den Charakter archaischer, beeindruckender Monumentalität verleihen soll. Nach diesem Entwurf von Wilhelm Kreis entstanden zwischen 1900 und 1911 im damaligen Reichsgebiet knapp 50 Bismarcksäulen und -türme, einer davon eben auch in Weißenburg. In Mittelfranken gibt es neben Weißenburg noch Bismarcksäulen in Gunzenhausen, Ansbach und Fürth.
Weißenburger Strategien zur Errichtung des Bismarckturms
Im Juni 1904 traf man sich in Weißenburg zur ersten Versammlung des "Vereins zur Gründung eines Bismarckturmes auf der Wülzburg". Etwa 100 Personen nahmen an dem Treffen teil. 1900 wurden bereits die ersten Überlegungen zur Errichtung eines solchen Denkmals angestrengt. 1904 wurde es mit dem Bau eines Bismarckdenkmals für Weißenburg auch tatsächlich höchste Zeit. So verfügte Gunzenhausen bereits seit 1901 über sein Bismarckdenkmal (siehe unten "Archäologisches Material als Baustoff für die Gunzenhausener Bismarcksäule").
Im Dezember 1904 gab es ein weiteres Treffen mit 20 ortsansässigen Vereinen. Auf diesem Treffen wurden ein Vorstand gewählt und eine Satzung verabschiedet. Auch wurde ein Termin festgelegt wann sich der Verein selbst wieder auflösen sollte, wenn er sein Ziel erreicht hat. Doch bis dorthin hieß es zunächst einmal Geld für den Bau des Turms zu sammeln. Die Euphorie und damit verbundene Spendenfreudigkeit war anfangs recht groß, dass man bereits nach kurzer Zeit zahlreiche Spenden und Zuwendungen aufweisen konnte. Gleichzeitig wurde auch die Stadt Weißenburg um eine finanzielle Unterstützung erbeten. Doch Stadtrat und Gemeindekollegium zeigten sich hier sehr uneins. Von einer anfänglich als jährlich geplanten Zuwendung, einigte man sich später auf eine Einmalzuwendung. In rühriger Weise versuchte der Bismarckturmverein zusätzlich durch Theateraufführungen und andere Veranstaltungen wie beispielsweise einem Festakt zum Geburtstag Bismarcks Geld zu sammeln.
Geplanter Standort - Wülzburg
Am 31. März 1905 entzündete man in der Nacht vor Bismarcks Geburtstag probeweise ein Feuer vor der Bastion "Kaltes Eck" auf der Hohenzollernfestung Wülzburg - an diesem Platz war der Aufstellungsort des Turms vorgesehen. Im Juni wurde schließlich ein Holzmodell des Turms dort aufgestellt. Wohl aufgrund des dabei gewonnenen Eindrucks der optischen Wirkungslosigkeit des Turms vor den gewaltigen Mauermassen der Festung und aufgrund der Befürchtung, dass die damals bereits seit knapp 40 Jahren als Festung aufgelassene Wülzburg in ihrem inzwischen etwas verwahrlosten Zustand einen zu schäbigen Hintergrund für den Turm abgeben würde, versuchte man, einen neuen Standort zu finden.
Als Bauort wurde schließlich der Rohrberg ausgewählt. Da dieser Platz jedoch außerhalb des Stadtgebietes von Weißenburg lag, mussten mit der Gemeinde Weiboldshausen und einigen Landwirten dieses Ortes Verhandlungen für den Kauf der benötigten Grundstücke geführt werden. Mittlerweile waren seit der Errichtung des Holzmodells auf der Wülzburg wieder drei Jahre vergangen.
Einweihung und kleines Malheur
Nachdem das Denkmal zum Geburtstag Bismarcks am 1. April noch nicht fertig war, wurde als nächster geeigneter Termin für die Weihe und erstmalige Entzündung des Feuers der Tag der Sonnenwende, der 24. Juni, gewählt. Laut Festprogramm begann man die Feierlichkeiten mit einem Zug vom alten Kriegerdenkmal (in der Spitalanlage) zum Bismarckturm, der an diesem Tag mit einer Lorbeergirlande geschmückt war. Dort wurde im Rahmen eines Festaktes der Turm an die Stadt übergeben. Während des Rückmarsches in die Stadt brannte zum ersten Mal das Feuer auf dem Turm. Die Befürchtung, dass der Feuerschein an dem hellen Sonnwendabend nicht gut sichtbar wäre und möglicherweise auch national-euphorischer Übereifer verursachten das erste Malheur gleich bei der ersten Feuerentzündung. Durch Überfüllung der Feuerschale entstand am Turm ein Brandschaden. Um dieses in Zukunft zu verhindern, setzte man die Feuerschale etwas höher und brachte zusätzliche Düsen an.
Archäologisches Material als Baustoff für die Gunzenhausener Bismarcksäule
Auch wenn dieses Denkmal ebenfalls "Bismarcksäule" heißt, gibt es keine formalen Bezüge zu den Entwürfen von Wilhelm Kreis. In der Nähe des ehemaligen Limesverlaufs wurde am Eichwald über Gunzenhausen ein "obeliskartiges Denkmal auf hohem Sockel errichtet". Durch die Verwendung von archäologischem Material, das am Ort vorgefunden wurde, kam diese Bismarcksäule einerseits von den Kosten her wohl recht günstig, andererseits gelang so eine ortspezifische Verknüpfung mit der römischen und alamannischen Geschichte. Anders als bei den "Bismarcksäulen" nach den Vorstellungen der Studentenschaft gründete diese historische Einbindung jedoch nicht in germanischer Toten- und Heldenverehrung, wie sie dem damaligen Bismarckgedenken wohl eher entsprochen hätte.
Textauszüge aus "Der Bismarckturm auf dem Rohrberg bei Weißenburg" von Gotthard Kießling; erschienen in "villa nostra - Weißenburger Blätter" Ausgabe 3/1997
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